Geschichte Gratkorns

Ornament zu Hause ist, das auch den HirschgeweihsproB aus der Zigeunerh6hle bedeckt. Er k6nn- te ein Wtirdeabzeichen gewesen sein - er ist auffallend stark ab- gegriffen - oder ein Zeichen, in dem zu magischen Zwecken ge- heime Krafte gespeichert ge- dacht waren, die Menschen bei- spielsweise von einem Schlan- genbiB heilen sollten."20 Ahnlich auch eine von Walter Modrijan 1971 referierte Inter- pretation: Bei dem Fund handle es sich urn eine " Art Komman- dostab oder irgendein Zauber- Stab" eines Schamane".21 Es ware falsch anzunehmen, daB die Trager dieser steinzeitlichen Kulturen ausschlieBlich von der GroBwildjagd lebten, auch wenn im archaologischen Fundbestand oft Knochen von GroBsaugern aufscheinen. Solche Knochen tiberdauem die Jahrhunderte bes- ser als die Gebeine des Nieder- wildes und der Kleinfauna, die sicher auch auf dem Speiseplan der steinzeitlichen Bewohner Gratkoms stand. Daneben nutz- te man wohl allerlei Pflanzen oder fing in der Mur (das Fund- material beweist es) Fische und anderes Wassergetier. GroBer B Cute galt das Hauptaugenmerk; beim Nachstellen des Wildes wurden weite Wanderungen in Kauf genommen, urn seiner hab- haft zu werden. Mit der Anato- mie des Wildes und seiner Le- bensgewohnheiten war man ver- traut, das Fleisch der erlegten Tiere wurde angebraten oder roh verzehrt. Holzgerfuste , zeltformig mit Hauten tiberdacht, boten Schutz; manchmal tiberdachten SiekesselformigeWohngruben.22 Bei diesen Rast- und Siedlungs- platzenlebtenjeweilsnichtmehr Beinschnitzerei, gefunden in der Gratkorner Zigeunerh6hle. Das Objekt, dessen Fundum- stande und Datierung unklar sind, stellt eine Schlange dar. (Zeichnung: lngrid Kusch (in H. Kusch,1996, S. 65.) als einige Kleinfamilien zusam- men, Oberhaupter k6nnten be- standen haben. Handelsartige Austauschbeziehungen bestan- den bereits, die Jagd bildete si- cher auch das zentrale Thema Von Kult und Mythos.23 Nicht alle Facetten der Lebens- form des mesolithischen (bzw. spatpalaolithischen) Menschen waren beim Forschungsstand von 1923 freilich archaologisch zu dokumentieren; nachteilig wirkte sich einerseits die Ar- beitsweise Schmids aus, nachtei- 1ig wirk(t)en sich auch "manche ordnungsfeindlichen Ereignisse der letzten Zeit"24 aus. Funde und Aufzeichnungen Schmids wie Teppners scheinen j edenfalls im LMJ teilweise dezimiert wor- den zu sein. So wichtig und be- deutungsvoll fur die gesamte mit- teleuropaische Steinzeit- forschung die Gratkomer Fun- de sind, so geben sie gerade auf- grund ihrer Ein- zigartigkeit mehr Ratsel auf, als sie Fragen zu beantworten V e r in 6 g e n . 25 Dies schlagt sich nicht zuletzt in standigen Revi- sionen bei der Datierung nie- der, die zwi- schen 7.000/ 6.000 und dem 10. Jahrtausend vor Christi Ge- burt schwankt. Es ist ein berechtigter Wunsch der Urgeschichtsforschung, das gesamte Gebiet urn Gratkom ei- ner eingehenden Untersuchung nach weiteren solcher Stationen zu unterziehen. Es ist durchaus wahrscheinlich, daB im Alpen- vorland der Mittelsteiermark weitere temporare Siedlungs- platze bestanden. "Vorlaufig ist es noch nicht gelungen, eine die- ser vermuteten Freilandstationen zu lokalisieren."26 Wenn auch in Gratkom spatpalaolithisch / me- solithische Siedlungsreste durch Mur und durch die ReichsstraBe in Mitleidenschaft gezogen sein dtirften, so brachten nur planma- Bige archaologische Ausgrabun- gen Antworten auf derart inter- essante Fragen der heimischen Urgeschichtsforschung.27 26 D. Kramer,1992, S.12. 27 Derartige planmaf3ige archaologi- sche Untersuchungen sind auf- grund der tristen finanziellen wie personel!en Situation der zustan- digen Stellen (Landesmuseum Joanneum - Abteilung fur Vcr- und Frtihgeschichte sowle Bundescienkmalamt Landeskcmservatorat ftlr Steier- mark) nicht zu erwarten. In der Plegel mE]ssen sich diese Stellen derzeit clout auf Notgrabungen und -bergungen beschranken, wo Bodenc]enkmale akut von BaumaBnahmen betroffen, wenn nicht gar schon zerst6rt sincl. Der Amtsarchaologe cles Bundes- denkmalamtes am Landeskonservatorat ftlr Steier- mark: "Man weiB nicht, ob man sis [die jungen Absolventen und Studenten der Archaologie] zu ihrem Eifer anspomen oder wtln- schen solltef sie hatten ein ver- ntlnftigeres, a!s Brotberuf taugli- ches Studium gewahlt. All diese Leute braucht die Archaologie dringend, kann sle jetzt nur, ei- gentlich auch eine Zumutung gegentlber den iungen Men- schen, durch zusammengestoppelte Projekte und Subventionierungen von ei- nem Jahr ins nachste bringen, wobei eine Verbesserung tiber- haupt nicht in Sicht ist." (8. Hebert,1992, S. 4). Vgl. auch D. Kramer, i991, S. 21ff. F}eisebeschreibung der Poststra- Be von Wien nach Graz aus dem Jahre 1836. Bei der "H6hle ge- gent]ber von Gradwein" (2. Abs., 3. Zeile) hande]t es sich urn das Zigeunerloch. In der H6hle sol- len damals die F}este eines Back- ofens zu sehen gewesen sein. (A. Schmidl,1836, S.14.)

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