Festschrift 100 Jahre Marktgemeinde Gratkorn

Um die Beschäftigten kümmerte man sich be- reits damals sehr gut. Im Rahmen der betrieblichen Sozialpolitik wurden u. a. zwei Beamten- und 36 Arbeiterwohnhäuser in Gratkorn errichtet. Papierfabrik Gratkorn – die letzten 100 Jahre als Erfolgsgeschichte Die Papierfabrik der Firma Sappi ist ein Markenzeichen der Gemeinde Gratkorn. Sie prägt das Ortsbild, ist wichtiger Arbeitgeber und Ausbilder der Region, liefert Fernwärme und betreibt gemeinsam mit den umliegenden Gemeinden eine von Österreichs größten Kläranlagen. Bereits seit über 400 Jahren wird am Standort Papier erzeugt – eine Erfolgsgeschichte, die sich bis heute fortsetzt. 1923 1997 Nach dem Ersten Weltkrieg um 1923 verfügte dasWerkGratkorn, größter Standort der damaligen Leykam-Josefsthal AG, über sechs Papiermaschinen, zwei Karton- maschinen sowie eine Zellstoff- fabrik mit acht Kochern. 1.200 Personen waren zu dieser Zeit in der Papierfabrik beschäftigt. Um die Beschäftigten kümmerte man sich bereits damals sehr gut. Im Rahmen der betrieblichen Sozial- politikwurden u.a. zwei Beamten- und 36 Arbeiterwohnhäuser in Gratkorn errichtet. Die in der Zwischenkriegszeit stark gesunkene Nachfrage ver- langte von der österreichischen Papier- und Zellstoffindustrie – vor dem Ersten Weltkrieg noch die 6. größte der Welt – völlig neue Produktionskonzepte und Absatzstrategien. Für den Stand- ort Gratkorn bedeutete das den Ausbau der Zellstofffabrik, die Modernisierung der Anlagen und die Schaffung einer soliden Energiebasis mit einem neuen Wasserkraftwerk und einer neu- en kalorischen Kraftzentrale mit einer Leistung von 2.500 kW. Die Papier- und Zellstoffproduk- tion war kurz vor und während des Zweiten Weltkriegs stark rückläufig. Die Gründe dafür waren sowohl der Rohstoff- und Facharbeitermangel als auch eine Erhöhung der Produktionskos- ten. Der Beschäftigungsstand im Werk Gratkorn ging, wenig verwunderlich, von rund 1.300 im Jahr 1938 auf knapp über 800 im Jahr 1944 zurück. An einen geregelten Produktionsbetrieb war nicht mehr zu denken. Nach dem Krieg zählten zum Leykam- Josefsthal-Konzern nur noch das Werk Gratkorn und die Papier- verkaufsniederlassungen in Graz undWien. Die Papierfabrik Grat- korn blieb von Bombenschäden glücklicherweise verschont. So gelang es der Werksleitung, nur zwei Monate nach Kriegsende die Papierproduktion in Gratkorn wieder anlaufen zu lassen. Auch die Be- völkerung in Gratkorn und Umgebung schöpfte wieder Hoffnung, da die Existenz vieler von der Fabrik ab- hing. 1946 beschäftigte das Unternehmen in Gratkorn bereits wieder über 900 Mitarbeiter, produzierte rund 4.000 Tonnen Papier und war damit der größte österreichische Betrieb der Papierindustrie geworden. Konsolidierung und Ausbau in der Nachkriegszeit Preiseinbrüche und Ex- portrückgänge machten laufende Investitionen und Innovationen in den Nach- kriegsjahren erforderlich. Ein wichtiger Technolo- giesprung gelang mit der Produktion gestrichener Papiere. Die ersten Versu- che, beidseitig gestrichene Papiere herzustellen, be- gannen in Gratkorn Anfang der 1960er Jahre und waren von Erfolg gekrönt. Nur wenige Jahre später verdrängten gestrichene Papiere Naturpapiere fast voll- ständig. In den 1970ern begann eine Phase der Konzernausweitung. 1974 übernahm dann die Leykam- Mürztaler alle Betriebe der ehe- maligen Leykam-Josefsthal AG und der Firmenname wurde auf „Leykam-Mürztaler Papier und Zellstoff Aktiengesellschaft“ ge- ändert. Mit dem Erdölschock wurde 1975 nach einigen sehr umsatzstarken Jahren der stärkste Geschäftsrückgang in der Nach- kriegszeit verzeichnet. Mengen- mäßig am stärksten betroffen waren dabei die holzfreien Sorten, wie sie in Gratkorn produziert wurden. Ein wichtiger Meilenstein für den Standort war die Inbetriebnahme der neuen, integrierten Magne- fite-Zellstoffanlage 1978, in der noch heute rund 250.000 Ton- nen Zellstoff pro Jahr produziert werden. Sie zeigte schnell durch die Chemikalienrückgewinnung und Laugenverbrennung positive Auswirkungen auf die Umwelt undwurde 1993 auf eine chlorfreie Produktion umgerüstet. Das darauffolgende Jahrzehnt war durch einen umfangreichen Aus- bau der Papierfabrik in Gratkorn geprägt. Zielsetzung des Aus- baus war die Veredelung des in Gratkorn erzeugten Zellstoffs zu hochwertigen, den höchsten An- forderungen der neuesten Druck- technik entsprechenden Druck- papieren unter Einsatz modernster Technologien. Besonderes Augen- merk wurde dabei auch auf den Umweltschutz gelegt. Herzstück des Ausbauprogrammes war die Errichtung der noch heute lau- Vor der Übernahme durch Sappi wurde 1997 die Papiermaschine 11 errichtet. Sie galt damals als eine der größten Papier - maschinen der Welt und ist heute noch das Flaggschiff des Konzerns. Sozialpolitik Papiermaschine 11 100 Jahre Marktgemeinde Gratkorn: von Leykam-Josefsthal zu Sappi Gratkorn 42 Fotos: © Sappi Werk Gratkorn (3)

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